Kommunikationstricks aus der NFL

Im letzten Teil unsere Serie „Trainersprache“ blicken wir über den Tellerrand hinaus und beschäftigen uns damit, wie im American Football kommuniziert wird. Wir werfen einen Blick auf die grundsätzlichen Unterschiede zwischen Fußball und American Football, befassen uns mit den offensiven Spielzügen und greifen ein innovatives Konzept der Los Angeles Rams auf.

Timeout

Wir benötigen kein großartiges Wissen über American Football und können die Sportart trotzdem in kurzer Zeit vom Fußball abgrenzen. In beiden Sportarten spielt immer eine angreifende Mannschaft gegen eine verteidigende Mannschaft, allerdings finden wir z.B. das Umschaltspiel nur in den seltensten Fällen im Football wieder. Im Football gelingt der angreifenden Mannschaft entweder ein Touchdown oder ihr Angriff wird vom Gegner gestoppt und die Zeit wird angehalten. Danach beginnt ein neuer Angriff. Des Weiteren unterscheiden Footballteams zwischen Offense-, Defense- und Specialteam, während beim Fußball immer die gleiche Mannschaft auf dem Feld steht. An dieser Stelle könnten wir dutzende weitere Unterschiede, wie zum Beispiel Spielzeit, Spielgerät oder Spielziel aufzählen, aber wirklich interessant wird es erst dann, wenn wir einen Blick darauf werfen, wie der Headcoach offensive Spielzüge mit seiner Mannschaft kommuniziert.  

Huddle

Wir Trainerinnen und Trainer können unsere Botschaften in einem Fußballspiel direkt an die adressierten Personen weitergeben. Im Football sieht das anders aus. Dort spricht der Headcoach erst mit dem Quarterback. Dieser gibt den ausgewählten Spielzug im sogenannten „Huddle“ an seine Mitspieler weiter. Anschließend nimmt die Mannschaft die angesprochene Formation ein und der Quarterback analysiert die gegnerische Mannschaft. Über weitere Kommandos informiert er seine Mitspieler, beispielsweise über die Aufstellung des Gegners. Er sagt an, ob der angesprochene Spielzug tatsächlich so gespielt wird und informiert die Mitspieler darüber, auf welches Kommando der Spielzug gestartet wird. Im folgenden Video wird der angesprochene Ablauf noch einmal genauestens erklärt:

„Du musst auch mal den Vorstoß machen und sagen: Wir wollen das aber! Wir wollen etwas im Trikot haben, dass Spieler und Trainer kommunizieren können“

Auch wenn sich die Spielzüge für uns unglaublich kompliziert anhören, so nutzen die Mannschaften im American Football schon lange die Chunking-Methode, die wir aus dem letzten Teil unserer Serie kennen (Acronyms Seriously Suck). Die Headcoaches entwickeln für ihre Mannschaften „Playbooks“, in denen alle Spielzugvarianten möglichst übersichtlich dargestellt werden. Die Spieler müssen dieses Playbook auswendig können, denn schon der kleinste Fehler kann zum Misserfolg führen. Somit zählt eine einheitliche Sprache im American Football auch zu den größten Herausforderungen der Headcoaches.   

Celebrities and Delicious Food

In den letzten Jahren hat diese Herausforderung besonders ein Trainer mit Bravour gemeistert. Die Rede ist von Sean McVay. Sean McVay ist Headcoach der LA Rams. Er wird unter anderem auch als Julian Nagelsmann des American Footballs bezeichnet. Sein Playbook ist aus Assoziationen von Berühmtheiten und leckerem Essen zusammengestellt. Er nutzt an der Seitenlinie dementsprechend Chunks, wie „Tupac“, „Obama“ oder „Lollipop“. 

Wenn wir uns das Video genau ansehen, wird schnell klar, dass die Chunks von Sean McVay nicht bloß als selbstdarstellendes Präsentationsmedium dienen. McVay hat es geschafft, mit Hilfe der Chunks, eine einheitliche Kultur zu entwickeln und bringt seinen Plan sehr authentisch rüber. Seine Spieler folgen ihm mit viel Begeisterung und erwecken seine Ideen zum Leben.

Bread and Butter Play

Über die Chunks hinaus nutzen die Mannschaften im American Football einen weiteren Trick, um die Übersicht zu behalten. Das sogenannte „Bread and Butter Play“. Also das tägliche Brot, beziehungsweise Grundspielzüge, bei denen die Mannschaften mit einer großen Wahrscheinlichkeit davon ausgehen können, ein paar Meter Raumgewinn zu erzielen. Diese Spielzüge werden in einer Saison immer als erstes eingeübt und kommen auch am häufigsten im Training vor. Erst wenn diese verstanden werden, werden neue und kompliziertere Spielzüge trainiert. Wir sollten uns diesen Gedanken zu Herzen nehmen und stets daran denken, zuerst die wesentlichen Dinge in den Fokus zu rücken. Unsere Spieler werden unsere Absicht mit dem spezifischen Muster schließlich erst dann verstehen, wenn zuvor die dafür notwendigen Spielprinzipien eingeführt und trainiert wurden.

Fazit

Auch im American Football werden komplizierte Situationen mit Hilfe der Chunking-Methode in einer Übersicht zusammengefasst. Die Chunks können dabei sehr kreativ ausgelegt werden, es ist allerdings enorm wichtig, dass wir Trainerinnen und Trainer unsere Ideen auch authentisch rüberbringen können. Wenn wir es nicht schaffen, die Mannschaft mitzuziehen und von unseren Ideen zu begeistern, sollten wir die Finger von komplizierten Chunks lassen und uns weiterhin auf das tägliche Brot konzentrieren. Chunks dürfen nicht zum Selbstdarstellungsmedium werden, sondern müssen weiterhin als Hilfe für unsere Spieler dienen.

Tipp: Beim letzten SuperBowl haben wir die Nacht durchgemacht und die wichtigsten Learnings für Trainerinnen und Trainer zusammengestellt. Zum Artikel.

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https://www.kicker.de/rose-ueber-nagelsmann-idee-ich-halte-wenig-davon-aus-den-spielern-roboter-zu-machen-874794/artikel

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