Was Fußballtrainer von ‚Doc‘ Rivers lernen können

Keith Allison Credit: KeithAllisonPhoto.com

Heute im Blick über den Tellerrand ‚Doc‘ Rivers. Der NBA Champion von 2008 spricht in der Netflix Doku „Playbook“ über sein Leben als Trainer.

„I am a Human Being and I Make Mistakes“

So beginnt der erste Teil der Netflix Serie „Das Spielzugbuch“. ‚Doc‘ Rivers tritt mit genau diesen Worten vor eine neue Mannschaft und erklärt damit seine Fehlbarkeit und räumt direkt mit einem Mythos auf, dass Trainerinnen und Trainer alles können und wissen müssen. Gleichzeitig zeigt er sich damit sehr demütig „ich bin wie jeder andere, ich mache jeden Tag Fehler, aber versuche jeden Tag reinzukommen und es besser zu machen.“

Learning für Trainerinnen & Trainer: Demut ist ein großes Wort, das Rivers exzellent lebt. Gestehst du dir als Trainer deine Fehler ein? Gehst du offen damit um, dass jeden Tag Fehler machen wirst oder versuchst du den Schein von Unfehlbarkeit zu wahren?

Aber Achtung! Das ist keine Ausrede für Fehler. Hier befinden wir uns in dem interessanten Bereich zwischen der Verantwortung für jeden kleinen Fehler und der Gelassenheit zu wissen, sie nicht immer vermeiden zu können.

“Everybody likes each other until things get tough. Then you will find out what kind of team you have, and I understand that as much as anyone.”

„I never called it work”

Rivers hat sein Leben mit Basketball verbracht. Er war Spieler und direkt im Anschluss Trainer als Assistent und später Cheftrainer und unter anderem Meister 2008 mit den Boston Celtics. „Basketball ist ein Spiel und ich liebe es. Ich habe noch nie gesagt, dass ich ‚zur Arbeit gehe‘. Es fühlt sich nie an wie Arbeit: ‚Ich gehe einfach zum Training‘.“

Learning für Trainerinnen & Trainer: Klar ist diese Haltung nur dann möglich, wenn man auch die entsprechende Karriere beschreitet. Oder ist es doch andersherum und man kann nur eine solche Karriere beschreiten, wenn man diese Haltung an den Tag legt? Das werden wir wahrscheinlich nie endgültig bewerten können. Fakt ist jedoch, dass unsere Vokabeln einen Teil unserer Realität schaffen. „Gehst du zur Arbeit“, wird es irgendwann zur Arbeit. „Gehst du zum Training“, wirst du mit der entsprechenden Freude gehen. „Gehst du zu dem, was du liebst“, wird es irgendwann so sein.

„I am not going to be a victim”

Frühjahr 2014, der Besitzer der Los Angeles Clippers David Sterling äußert sich öffentlich rassistisch und verliert in letzter Konsequenz das Team und wird auf Lebenszeit aus der NBA verbannt. Große Teile der NBA Spieler sind schwarz, so auch das Team der Clippers. Rivers, der „mit Rassismus genauso aufgewachsen ist, wie viele andere“ reagiert bestürzt und orientierungslos. Die Frage stand im Raum, ob sie am Abend des Vorfalls „für“ diesen Besitzer spielen können. Nach kurzer Zeit entschieden sich die Spieler und er zu spielen und sich damit nicht „auch noch zum Opfer zu machen. Denn: wir spielen für unsere Werte und unser Verständnis von Freiheit aber eben nicht für den Besitzer des Teams.“ Die Clippers traten an, trugen ihre Warm-Up Shirts verkehrtherum, sodass das Teamlogo nicht erkennbar war.

Learning für Trainerinnen & Trainer: Jeder Coach kennt das: Alle unsere Spielerinnen und Spieler sind unterschiedlich. Nicht nur in ihrer Art und Weise, sondern natürlich auch in der Herkunft, dem Familienbackround und den Weltansichten. Und das Schöne ist doch, dass die Leidenschaft für den Fußball alle vereint. Ein unschätzbarer Wert!

“Ubuntu”

“Ihr Team wird beeindrucken… Aber kennen Sie die Bedeutung von ‚Ubuntu‘“, so kam eine Dame auf Rivers zu nachdem er in Boston auf einmal mit drei All Stars zusammen (im Sommer 2007 wechselten Kevin Garnett und Ray Allen nach Bosten, formierten damit die ersten „Big Three“ seit Jahren und wurden von einem der schlechtesten Teams zum Titelfavoriten) arbeitet und inspirierte ihn so zu diesem Teammotto. Er studierte die Bedeutung nächtelang: „Es zielt auf die Essenz ab, was es bedeutet Mensch zu sein.“, erklärt Rivers kurz und knapp. „Wir haben für uns formuliert, dass wir nur besser werden können, wenn wir alles, was wir tun auch für andere tun!“, so die Idee, die er kurze Zeit später seinem Team präsentierte. So musste jemand, der sich Essen mitbrachte immer etwas abgeben oder etwas für alle mitbringen „was man für sich tut, tut man für andere“. So zog das Motto in den Hudl vor dem Spiel ein und einte das Team nach und nach.

Learning für Trainerinnen & Trainer: Wir sehen es schon kommen: Viele Trainer, die das gesehen haben, führen Ubuntu in ihr Team ein. Kopieren ist dabei natürlich erlaubt und in dem Fall auch nicht die schlechteste Idee. Aber überleg dir dich, wie du deine Werte und die Werte des Teams in einem Motto vereinst? Stell dir die Frage, was dein Team repräsentieren soll? Lass dein Team die Begriffe ausformulieren und ein Motto selbst formen!

„We put a light where the Banner would hang”

Die Boston Celtics haben eine glorreiche Historie (16 Titel insgesamt). Sie dominierten den Basketball über Jahrzehnte und hatten legendäre Spieler wie Bill Russel oder Larry Bird. In der neuen Formation rund um die „Big Three“ waren die Erwartungen entsprechend. „Man sollte Druck niemals als Problem sehen. Wenn wir Basketball spielen und Druck haben, ist das ein Privileg, weil es bedeutet, dass wir etwas erreich können“, formuliert Rivers kurz und knapp. „Nicht jeder schafft es in diese Position, man sollte dankbar sein und alles geben.“ Trotzdem fehlte ihm eine Erinnerung, ein Hinweis, der den Spieler tag täglich das große Ziel vor Augen führt. „Es ging darum Champion zu werden und nichts anderes.“ Rivers und sein Staff kamen auf eine clevere Idee: In ihrer Trainingshalle hangen alle Banner der vergangen Meistermannschaften und sie ließen ein Licht installieren, dass genau auf den Ort schien, wo das nächste Banner hängen würde. „Und es durfte nie ausgemacht werden“, ergänzte Rivers.

Learning für Trainerinnen & Trainer: Eine kleine Idee mit großer Wirkung. Was willst du mit deinem Team erreichen? Wie schaffst du es sie jedes Mal zu erinnern, wenn sie in die Kabine kommen? Aber: Besprich ausführlich mit ihnen, warum sie das nicht als Druck wahrnehmen sollten.

“As a coach, you've got to do what's best for the team. If guys don't like it, they're going to leave. If they stay and don't like it, well, your team's going to suck anyway. Even if this happens, you still have to do it. You can't coach worrying about any individual.“

„Champions get hit“

Am Ende der Saison 2007/2008 war es tatsächlich so weit: Der Titel war in greifbarer Nähe. In den NBA Finals traten die Celtics gegen eine andere ruhmreiche Franchise an, die Los Angeles Lakers um Kobe Bryant. „Ich habe mir die Wettquoten angesehen, die waren eigentlich gut verteilt. Außer im Trainerduell, da haben von 100 Leuten nur zehn auf mich gesetzt“, berichtet Rivers später. Auf der anderen Seite saß Phil Jackson auf der Bank, einer der erfolgreichsten Trainer aller Zeiten, der mit den Bulls in den 90ern und den Lakers in den 2000ern insgesamt elf Titel gewann. „Aber ich wollte nicht gegen Phil Jackson gewinnen, wie sollte das auch gehen? Ich wollte gegen sein Team gewinnen!“. „Ich erinnerte mich dabei an einen Spruch von Mohammad Ali, dass Champions immer auch einen abkriegen, aber gerade dann weitermachen.“ Das trug die Celtics und River persönlich durch die Finals und schließlich bis in die Champagnerdusche nach dem Titelgewinn.

Learning für Trainerinnen & Trainer: Wir lesen die Schlagzeilen inzwischen zuhauf: „Mourinho vs. Guardiola“, „Klopp vs. Zidane“ und „Tuchel vs. Flick“. Kurz und knapp: Wir (und viele andere) nehmen uns als Trainer zu wichtig. Natürlich bewegen wir uns als Experten in unserem Fachgebiet, aber das Spiel an sich gehört immer noch den Spieler. Wir sind in erster Linie da, um unseren Spielern zu helfen erfolgreich zu sein. Das sollten wir niemals vergessen.

“It’s more than winning games”

Bereits in vielen Stories gesehen, erkennt auch Rivers einen größeren Wert im TrainerSein: „Als ich anfing hieß es immer, dass man seinen Spielern niemals nah sein soll. Nach 15 Jahren als Trainer kann ich sagen: ‘zum Teufel damit‘“. Für ihn geht es darum den Spieler nicht nur als Spieler, sondern auch als Mensch zu verbessern, was sie automatisch zu besseren Spielern, besseren Mitspielern und besseren Menschen mache. Und wenn man einmal enttäuscht wird, dann wird man halt enttäuscht, „das gehört zum Leben dazu“. Er sieht seine Spieler dabei nicht im aktuellen Moment, sondern coacht sie immer „zu dem, was sie eines Tages sein sollen.“

Learning für Trainerinnen & Trainer: Das können wir beruhigt so stehen lassen…

Teilen:

Facebook
Twitter
LinkedIn
WhatsApp

Das könnte dich auch interessieren:

360 Player und Coach2
Aktuelles
Redaktion

360Player x Coach²

Coach² setzt in der Digitalisierung des Sportsektors auf innovative Ansätze und hat eine Kooperation mit dem schwedischen Unternehmen 360Player eingegangen.

Jetzt lesen »